Visuelles Verhalten

Präventives Visualverhalten
Unter dem Begriff präventives Visualverhalten versteht sich ganz allgemein der richtige und schonende Umgang mit unseren Augen.Das menschliche Auge ist entwickelt für Tageslicht und hat seine höchste Empfindlichkeit bei gelblichem Licht (Mitte des Regenbogens). Künstliche Beleuchtung hat oft Lücken oder Verschiebungen in der spektralen Verteilung (z.B. hoher Blauanteil bei vielen Leuchtstoffröhren). Besonders wichtig für die visuelle Wahrnehmung ist die sog. Figur/Grund-Relation. Das bedeutet, dass die Position des Betrachteten zu seiner Umgebung (Peripherie) gut erkennbar sein muss, damit eine räumliche Zuordnung erfolgen kann. Für den Alltag bedeutet das die Notwendigkeit einer guten Raumbeleuchtung bei Naharbeit (Lesen, Schreiben, Bildschirmarbeit), aber auch beim Fernsehen.
Arbeitsposition/Körperhaltung
Aus dem gleichen Grund ist ein ausreichender Leseabstand außerordentlich wichtig: der Mindestabstand beim Lesen und Schreiben ist die Unterarmlänge einschl. Faust (Harmon-Distanz). Beim Lesen und Schreiben „mit der Nase“ geht die Figur/Grund-Relation verloren, es entsteht „Nahstreß“. „Der Mensch braucht einen geraden Horizont und festen Boden unter den Füßen.“ Bevor Lesen und Schreiben Allgemeingut war, gab es Schreiber (zumeist Mönche), die an Stehpulten geschrieben haben. Sie standen auf dem Boden und hatten schräge Schreibflächen, so daß sie bei leicht geneigtem Kopf senkrecht auf das Papier sehen konnten! Sie wußten, daß man so ein wesentlich entspannteres und verzerrungsfreieres Sehen hat als bei einer waagrechten Unterlage mit schrägem Draufblick. Bei sehr vielen Kindern mit Lese-/Schreibproblemen kann man beobachten, daß sie die Beine baumeln lassen (oder irgendwie um die Stuhlbeine ranken) und mit schiefhängendem Oberkörper über ihrem Heft kauern! Geneigte Schreibtischplatten (oder aufsetzbare Lesepulte) verbessern nicht nur die visuelle Wahrnehmung durch günstigere Blickwinkel, sie zwingen auch zu einer aufrechteren Haltung beim Schreiben und verbessern damit den Lese-/Schreibabstand ebenso wie sie zu einer freieren Atmung führen. Dabei soll die Stuhlhöhe gewährleisten, dass ein Abstellen der Füße auf dem Boden möglich ist (Stabilisierung des Horizonts).
Sehverhalten
In natürlicher Umgebung ist das Sehen ein sehr dynamischer Vorgang: Blickbewegungen (nach Richtung und Abstand) führen zu einer permanenten Überprüfung der eigenen Position und zu einem dynamischen Wechsel der Figur/Grund-Relation (s. oben). Das bedeutet, dass sowohl die Akkommodations- als auch die Vergenzmuskulatur in optimaler Gebrauchsfähigkeit gehalten wird. Stundenlanges Lesen oder Fernsehen läßt die Dynamik dieser Abläufe mehr und mehr in statischer Fixation erstarren. Die Folge ist ein deutliches Nachlassen der visuellen Leistungsfähigkeit. Viele „Leseratten“ können bestätigen, dass sie beim Lesen weniger schnell ermüden, wenn sie bei jedem Umblättern einen kurzen Blick aus dem Fenster werfen. Dasselbe gilt für die Tätigkeit am Bildschirmarbeitsplatz. Dieser kurze Moment der Entspannung und Anspannung der Muskulatur führt zu einer ganzen Kette von physiologischen Folgereaktionen (z.B. Erhöhung der beim Lesen verringerten Lidschlagfreqenz, was die Bindehaut vor Reizungen durch Austrocknung schützt).
Augenübungen
Bei bestehendem visuellen Dyskomfort die auf Sörungen im Visualapparat hinweisen,  sollten Augenübungen und Visualtraining erst nach umfangreicher Diagnostik und unter Anleitung eines ausgebildeten Funktionaloptometristen ausgeführt werden. Nicht alle Übungen sind für jeden Menschen gleich gut geeignet. An dieser Stelle muss auch vor unkritischem Einsatz eines Buches mit einheitlichen Sehübungen „für Jeden“ gewarnt werden. Die Messwerte der Augen sind entscheidend, ob Übungen z.B. nur mit den Augen einzeln oder mit beiden Augen zusammen durchgeführt werden sollten, oder ob eine Übung mehr Anspannungs oder Entspannungskomponente enthalten sollte.
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